COPYSHOT #12 2020/12/29



COPYSHOT #11 2020/11/24

KOTTISTYLE 4.0: IMPROVISATIONSTALENT




I ☠️ KOTTI, 29. OKTOBER

Q: Was sagt eigentlich so jemand wie Florian Schmidt, wenn in Kreuzberg eine Hauseigentümerin die Insassen eines grösseren Wohnblocks monatelang mit einer illegalen Asbestsanierung quält - sanierungsbedingter Ausfall der Fahrstühle und Heizungen inklusive - für die sie Kolonnen von Arbeitssklaven angeheuert hat, die weder Masken tragen noch Abstände halten (weil das ein Luxus ist, den sich die meisten Leute, die wir für uns arbeiten lassen, nie werden leisten können!) und denen sie selbst nicht über den Weg traut, sonst hätten die nämlich einen Schlüssel, die Türen ständen nicht den ganzen Tag offen, die anderen Elenden zögen nicht ins Haus ein, und die Flure wären auch nicht mit Crackparaphernialia und gestohlenem Kinderspielzeug zugemüllt.

A: Nix natürlich, rhetorische Frage. Die Eigentümerin ist ja die Gewobag.

Klar, bei den Privatbesitzern ist es nicht besser. Gegenüber musste irgendwann die Feuerwehr das Baugerüst demontieren, und der Asbest rieselte dem türkischen Supermarkt monatelang ins Gemüse. Das wollen wir natürlich auch nicht.

I ☠️ KOTTI, CONTINUED

Und ab Samstag steht das Kottbusser Tor auf der Liste der Gefährlichen Orte mit MNS-Plicht, und die Cops werden hier einreiten und den Kottizombies und nichtfunktionalen Alkoholikern ihren Migrationshintergrund mal wieder so richtig schön foregrounden, by all means necessary, wozu am Kotti 2020 leider auch der Polizeihund, der Taser und Schusswaffe gehört. Wer hier noch "I ❤️ KOTTI" trällert, ist echt bloss Elendstourist.



COPYSHOT #10 2020/10/27


Oranienstraße, 17.10.2020
Bis ich mir blutiger Fresse hier rausgetragen werde.
(Typ von Kisch auf die Frage, wie lange sie noch weitermachen)


U1 Kottbusser Tor, 16.10.2020
Kontrolleur zu Fahrgast: Das ist kein Ticket, das macht 60 Euro.
Fahrgast zu Kontrolleur: Du hast keine Maske, das macht 50 Euro.
Kontrolleur: Dann krieg ich immer noch 10 Euro.
Fahrgast: Nee, du kriegst gleich was aufs Maul.






UPDATE: Meine gelben Dreiecke sind wieder da! Fast wie neu. Danke dem ehrlichen Finder, oder Finderin!



Und noch ein UPDATE zu den BILDERN... So wird's gemacht:





 DIE SCHLIMMSTEN DRITTWELTLÄNDER SIND DIE, DIE SICH FÜR FESTUNGEN DES WOHLSTANDS HALTEN


COPYSHOT #9 2020/09/29
KOTTIPIX 9/10 20/20 11AM

1/3: DER STAATSTROJANER IM BETATEST



UPDATE 18 UHR 30: #warntagverpissdichniemandvermisstdich #schiebteucheurenwarntagineurecoronaappsihrvollidioten

----------------

2/3: KRY HARDER. Sowas wie kry gehört natürlich genauso verboten wie uber und airbnb. Andererseits, wer will schon den Nannystaat. Und wenn du wirklich glaubst, du könntest zum Arzt gehen, ohne zum Arzt zu gehen, dann hast du es im Grunde auch verdient, dass dir ein Startup das noch einigermassen funktionierende Gesundheitssystem zerlegt.



----------------



3/3 NOCHMAL ZUR FRAGE DER BILDER. Herr StreetCoffee36 macht es richtig. Ich kriegte schon einen Schreck - au scheisse, wer ist denn jetzt schon wieder gestorben. Aber wer ist auf dem Mural zu sehen? Mama. Lebt sie noch? Na klar. Sie kommt heute abend aus der Türkei zurück. Und das ist schon so ziemlich der netteste Empfang, den man sich vorstellen kann. Ich hätte gern mehr Murals und Bilder von Leuten, die noch leben. Und ich muss zugeben: ich finde es schwer, mich an Leute zu erinnern, die ich nicht kannte, wie z.B. die in Hanau Ermordeten, und es ist mir schleierhaft, warum die grundsätzlich so abgebildet werden müssen, als wären sie alle bei der Hezbollah gewesen. Von Rabin Mroué gibts einen ziemlich guten Vortrag über deren Märtyrer*innen*ikonographie, keine Ahnung ob online. Ich finde diese Bilder gewalttätig. Sie stellen ungefähr das gleiche aus wie Lea Rosh damals, als sie dachte, sie könne am Holocaustmahnmal einen Zahn droppen, den sie beim KZ-Besuch aufgeklaubt hatte: Verfügungsgewalt über die Toten. Ich brauche diese Bilder nicht gegen den Faschismus. Antifa heisst ANGRIFF, nicht MÄRTYRERTUM.


Oder wie auch auf dem Plakat unten steht: Bilder können die konkreten Folgen
abstrakter Verwertungsketten visualisieren (visualisieren ist lateinisch für
sichtbar machen). Unmögliche Bilder, mögliche Kämpfe. Die Ermordeten *fehlen*.




####



seit die "gewobag" dieses stanniolpapier oder wie man das nennt verwendet, damit während dieser sogenannten asbestsanierung aus gesundheitsgründen die haustür nicht mehr zufallen kann, werden immer mehr von meinen gelben dreiecken gestohlen. ich tippe mittlerweile auf vandalismus.


kein wunder dass mir vor schreck die apfelsaftschorle runtergefallen ist. aber zum glück hatte ich noch alkopops im rucksack. wenigstens hat die "gewobag" den aufzug stillgelegt. sonst kommen die party people nämlich bis in den 8. stock und klauen die pfandflaschen.
####








DIE GANZE VIELFALT BERLINS


COPYSHOT #8 2020/08/25


KOTTISTYLE 21

Danke BZ, bei der "Gewobag" bewegt sich jetzt was. Die Mieterinnen im NKZ dürfen mit sofortiger Wirkung selbst entscheiden, wie ihre Wohnungen gestaltet werden - und zwar komplett auf Kosten der Steuerzahlerin!



Diese hier wollen Steinofenpizzeria-Style



Diese hier eher Sauna-mit-Holzvertäfelungs-Style



Und diese hier wollen Tischtennisplatten-Style, wer will das nicht



Nur ich und meine Mutter, wir können uns nicht entscheiden. Von der handwerklichen Ausführung her ist die Steinofenpizzeria natürlich am besten. Aber irgendwie ist es nicht unser Style. Ich glaube, wir sagen einfach, wir wollen unseren Asbest wiederhaben. Es war nämlich nicht alles schlecht an unserem Asbest. Im Winter hat er uns gewärmt, im Sommer hat er uns gekühlt, und viel Frühjahr oder Herbst gibts in Berlin eh nicht. Von daher also: win-win. Wenn wir da heute noch anrufen, dann ist das bis morgen Mittag verlegt.



Update: Anselm die Kiefer ist auch wieder eingezogen. Sie ist Künstler, und ihre Präsenz vor Ort macht unser NKZ auch für andere Künstler attraktiv.



Dazu gibts auch noch einen kostenlosen Fitnessparkour - fast so gut wie in China. Und wir haben uns gewünscht, dass der Aufzug nicht mehr repariert wird. Dann kann niemand mehr behaupten, die Mieterinnen machen alles kaputt. Und Treppensteigen hält gesund, zumindest nach Beendigung der Schleifarbeiten, womit spätestens beim Eintreffen der Feuerwehr gerechnet wird. Die Arbeiter sind aber nett. Sie entschuldigen sich immer, und wir entschuldigen uns auch. Sie hätten auch gerne einen Haustürschlüssel, den gleichen wie wir. Das wäre nur fair. Dann würden die Türen nicht immer offenstehen und in die Keller würde nie mehr eingebrochen. Aber wer im Keller was gelagert hatte, der ist auch echt nicht reif in der Birne für NKZ. Wir lagern alles auf dem Dach. Da sieht man gleich, ob was fehlt. Und zur Isolierung tragen wir auch etwas bei.



Wir Mieterinnen sind froh, dass die "Gewobag" so schnell und unbürokratisch regiert. NKZ: das ist gelebte Mitbestimmung pur, mitten in einem Kiez, wo sogar Zehlendorfer sagen: hier geht noch was, hier care ich einen. Oder Prenzlberger, wenn sie sagen: Wie geil ist das denn! Das ist DIE GANZE VIELFALT BERLINS!!









english below

--------------------------------------------------------------------------------
No Justice, Just Peace? Berlin se minneapolise

6. August, 23 Uhr

Leichte Geplänkel U-Boddinstraße: die Fahrbahn soll frei bleiben. Was angenehm auffällt, ist, dass die Berlinerinnen den Slogan "Ganz Berlin hasst die Polizei" - was ja sowohl nicht stimmt als auch auf unangenehm querfrontmässige Weise eine ganze Reihe rechter Idioten mit einschliesst - weitgehend ersetzt haben durch "Tout le monde deteste la police" - was aus Tradition des französichen Universalismus kommt, und daher immer, im weitesten wie auch im engeren Sinne, ein wahres Statement bleiben wird: Natürlich hasst die ganze Welt die Polizei. Die ganzen Geheimdienste, die ganzen Diktatoren und die ganzen Kriegstreiber - die hasst die ganze Welt ja auch.

7. August, 9 Uhr

Weise Ecke Selchower, vielleicht 1000 Leute, in Auflösung. Gegen die SPD, Die Grünen und Die Linke hatte das Syndikat keine Chance. Die haben vier Blocks komplett von behelmter Polizei abriegeln lassen, damit der Kneipenbesuch des Gerichtsvollziehers pünktlich vollzogen werden konnte.

Was Berlin heute feiert, das ist ein Sieg im Kampf für den Infektionsschutz. Ausgerechnet den nämlich hat ein Berliner Gericht gestern bemüht, um eine für heute angemeldete Demonstration gegen die Räumung der Kneipe zu verbieten.

Manche hatten ja die Hoffnung, Berlin würde sich 2020 auf seine vermeintliche Toleranz besinnen. Dazu gehört zum Beispiel das Aussetzen von Zwangsräumungen - angesichts leerer AirBnB Hostels und bankrotter Ladenlokale ist die absichtliche Produktion von Obdachlosigkeit zur Zeit noch schwerer vermittelbar als der sprichwörtliche Neuköllner auf dem Berliner Arbeitsmarkt. Und angeblich gehört zur Berliner Toleranz sogar, dass ein paar Tausend unmaskierte Cororanaleugner auch mal eine Antivirusparade abhalten dürfen, ohne dass alle gleich aufgeregt "Nie wieder Faschismus!" brüllen.

Die Toleranz in Berlin endet bei der Eigentumsfrage. Dass ein Berliner Gericht ausgerechnet Demonstantinnen im Schillerkiez, die statt des Dritten Reichs bloss ihre Kneipe wiederhaben wollen, die Fähigkeit abgesprochen hat, für ausreichenden Infektionsschutz zu sorgen, ist ein Justizskandal erster Sahne. Denn wer 2020 mal auf einer linken Demo war, wird wohl kaum übersehen haben, dass da Leute zusammenkommen, die in der Lage sind, soziale Verantwortung füreinander zu übernehmen und aufeinander aufzupassen.

Und noch dazu ist es ein schlechter Witz. Berliner Polizisten erzählen einem ja gern auch mal unter der Hand, dass bei der Berliner Polizei wegen Personalmangels keine Krankschreibungen mehr akzeptiert werden - natürlich nicht offiziell, bloss in der Praxis - und Kollegen mit Corona einfach weiter im Dienst bleiben. Falls sowas nicht bloss Prahlerei ist, dann wäre es ja ein klarer Fall: Hätten die SPD, Die Grünen und Die Linke tatsächlich etwas übrig für den Infektionsschutz, dann hätten sie den heutigen Polizeieinsatz einfach absagen können, und niemand sonst hätte auch nur den geringsten Anlass dafür gehabt, sich aus Versehen vielleicht zu nahe zu kommen. (Und Räumungen abzusagen ist wirklich nicht schwer: Berufung auf höhere Gewalt in Form einer globalen Pandemie, flankiert mit freundlichen Bailouts für die Hauseigentümer.)

7. August, 9 Uhr 23

Mittlerweile haben die Berliner Behörden beim Infektionsschutz nochmal einen Gang hochgeschaltet: in Form von Staffeln behelmter Cops, die in die friedliche Menschenmenge stürmen. Das ist für viele ein guter Moment, um nach Hause zu gehen, denn den Rest kennen wir ja schon. Diese Auseinandersetzung wird dezentral weitergeführt werden, und, um mal den Ex-Bürgermeister, der den Flughafen vergeigt hat, zu zitieren: das ist auch gut so. Denn ganz ohne Risiko ist das Aufeinandertreffen grösserer Gruppen am selben Ort natürlich nie.

Was sind die Berliner Cops? Alles Bastards? Selbst die Cops sind ja vermutlich nonbinary, nicht bloss Good Cop vs. Bad Cop, sondern auch noch ein paar andere Gestalten. Die politische Polizei in Berlin, sofern es sich dabei um beamtete Schlägertrupps handelt, die Demonstrantinnen gern auch mal ganz offen mit Faschistengruss flankieren, die gehört genauso restlos abgeschafft wie die Polizei in Minneapolis. Aber es gibt natürlich auch einige, die sich als die Sozialarbeiterinnen, als die sie Tag für Tag im Einsatz sind, auch verstehen: mit höherer Bezahlung und niederigem Ansehen. Vor allem: "Cop" ist kein Naturzustand. Niemand wird als Cop geboren. Das ist eine Rolle, in die man hineinwächst, das ist eine Figur, die in einem aufkommt. Während der Demo plötzlich zu denken: Hab ich zu Hause auch den Herd ausgemacht? - das ist ein Bad Cop, zum Beispiel.

Leitartikler und Faschos werden sich natürlich ins Fäustchen lachen über den Desorganisationsgrad der Berliner Linken. Wenn die nicht mal eine Kneipe verteidigen können (oder, noch schlimmer: wenn solche Kneipen sich nicht einmal selbst verteidigen wollen, weil nach so langer Zeit im Schillerkiez irgendwann auch mal die Luft raus ist) - na dann viel Glück beim sozialen Wohnungsbau. Das ist allerdings ein bisschen ungerecht, denn um diese Linke zu zerschlagen, zu versprengen, zu isolieren und verrückt zu machen, hat der Staat ja 50 Jahre lang hart kämpfen müssen: diesseits und jenseits der Legalität, mit all seiner Staatsgewalt, und nicht ganz ohne Vertrauensverluste. Die Leute vom NSU, die jahrelang mit freundlicher Unterstützung gewisser Staatsorgane unterwegs waren (könnte man meinen, wenn man sich die Prozesse ein bisschen genauer anschaut), hatten es deutlich einfacher. Und sowas ist natürlich immer auch irgendwie unfair gegenüber all denen, die in Deutschland gegen den Faschismus aktiv sind.

Der Denkfehler, den die Berliner Linken bis heute gemacht haben - aber Denkfehler lassen sich durch eine einzige neuer Idee manchmal komplett und zeitnah beseitigen - besteht darin, nicht zusammenzudenken, was zusammengehört. Die berühmte BLM-Soli-Demo am Alexanderplatz hätte eine Demonstration für die Abschaffung der Miete in Berlin werden müssen. Nur das wäre internationale Solidarität gewesen: ihr kümmert euch um die Polizei, wir kümmern uns um die Wohnungen. Und genauso hätte heute für Justice for George Floyd und gegen Polizeigewalt demonstriert werden müssen. Denn gegen das Nichterschiessen von Amerikanern hat ja kaum jemand hier ernsthaft etwas einzuwenden, und zu solchen Gelegenheiten kann in Berlin sogar der Infektionsschutz auch mal etwas laxer gehandhabt werden.

7. August, 12 Uhr

Minneapolis, Berlin, Beirut: das ist dasselbe - bloss unterschiedlich koloriert, und in deutlich unterschiedlicher Intensität. Die Regierungen wollen sozialen Frieden, aber keine soziale Gerechtigkeit. Verschiedene Leute leiden unter verschiedenen Problemen - manche konnten monatelang nicht Tanzen gehen, manche haben zusätzlich noch keine funktionierenden Banken, Stromkraftwerke oder Krankenhäuser mehr. Dieser Leute wegen der Unterschiedlichkeit ihrer Probleme gegeneinander auszuspielen, bis zu dem Punkt, dass ihre Privilegien statt Handelsspielraum Leidensdruck produizieren: das ist der grosse Trick, gegen den es zu kämpfen gilt. Gegen die Trennung. Selbstverständlich muss man den Berliner Polizisten zugestehen, dass sie es beim absichtlichen Knochenbrechen bei Verhaftungen belassen (zumindest das ist ja auch ganz gut dokumentiert) - im Wissen darum, dass sie bei der Berliner Justiz stets auf Herdenimmunität pochen können - und nicht einfach wahllos oder zielgerichtet Leute ermorden. Tote Demonstranten: wenn das mal vorkam, gab es meist ziemlichen Ärger. Und genau diese unausgesprochene Verabredung zum gemeinsamen Weiterleben trotz zum Teil gravierender Differenzen macht ja auch einen nicht ganz unerheblichen Teil der vielzitierten Anziehungskraft von Berlin aus. Und selbstverständlich ist die Immobilienmafia (könnte man fast meinen, wenn man mal genauer hinschaut) namens Berliner SPD bei Weitem nicht so korrupt wie die Regierung im Libanon. Die Berliner SPD hat vermutlich sogar ihr Ammoniumnitrat sicher gelagert, und niemand hat die Absicht, dass das so endet wie die Fleischfabrik von Sigmar Gabriel.

Aber was ist ihre Absicht? Was wollen die SPD, Die Grünen und Die Linke in Berlin? Denn die wollen ja etwas, die sind in diese Sache mit den Räumungen ja nicht bloss "hineingeschlittert". Eine Partei ist keine Kuh, die bloss schnell wieder vom Eis will. Diese drei wollen, im Angesicht einer globalen Pandemie, einer beispiellosen Wirtschaftskrise und einer eskalierenden ökologischen Katastrophe, eine deutliche Botschaft verkünden: vergesst eure Kneipen, eure Jugendzentren, eure Buchläden, regt euch bitte nicht so auf! Zur Not tuts doch auch mal für eine Weile das Internet. Sie wollen, in einer ziemlich unübersichtlichen gesellschaftlichen Situation, ein unmissverständliches Zeichen setzen: Die, die die Dinge besitzen, geniessen Infektionsschutz vor denen, die von den Dingen Gebrauch machen. Das ist eine klare Ansage: für den Faschismus. Der kommt nämlich nicht per Nazidemo, sondern mit der Erosion all jener Räume, in denen die Gesellschaft Antibodies gegen die Faschismen bildet. (Das ist übrigens das Gegenteil einer biologistischen Metapher. Antibodies heisst zur zufällig auch noch was anderes. Faschismus ist keine Krankheit.)

Und dabei ist es relativ wurscht, ob das Syndikat, Kisch & Co oder die Potse ihre Funktion als Antibody-Bilder zuletzt vernachlässigt haben oder nicht. Blosse Besitzstandswahrung unter sich verschärfenden Bedingungen hat keine Zukunft - aber das wissen auch eigentlich alle. Genauso, wie es wurscht ist, ob es im Inneren der Berliner Regierungsparteien noch Personen gibt, die sich für die praktische Verbesserung der Stadt jeden Tag bis ans Limit verausgaben. Gegen die Berliner Justiz können sie aus guten Gründen nichts ausrichten. Aber falls sie noch nicht mal wirklichen Einfluss auf die Verwaltungs- und Polizeiapparate haben, dann stellt sich irgendwann, zum Beispiel heute, dann doch die Frage, worin eigentlich der Sinn besteht, in Berlin am Hebel zu sitzen, statt, wie die meisten anderen Berlinerinnen, in der Kneipe, vorm Späti, oder zuhause vor der Glotze. Immer bloss innerhalb komplizierter Machtgeflechte für Verbesserung zu kämpfen - das kann mitunter zu noch komplizierteren Verflechtungen führen, und "am Ende" manchmal auch ganz schön nach Hinten losgehen. Hinten wäre in diesem Zusammenhang: Verschlechterung. (edited to add: zwei tage später, als die staatsschutzabteilung der berliner staatsanwaltschaft auffliegt, sieht das alles mit einem mal ganz anders aus)

7. August, 16 Uhr

Das letzte Wort hat heute Walter Benjamin: "Die zunehmende Proletarisierung der heutigen Menschen und die zunehmende Formierung von Massen sind zwei Seiten eines und desselben Geschehens. Der Faschismus versucht, die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzutasten. Er sieht sein Heil darin, die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen. Die Massen haben ein Recht auf Veränderung der Eigentumsverhältnisse; der Faschismus sucht ihnen einen Ausdruck in deren Konservierung zu geben."

to at copyshot cc

--------------------------------------------------------------------------------

No Justice, Just Peace? Berlin se minneapolise

August 6, 11 p.m.

Light skirmish U-Boddinstraße: the roadway should remain clear. What is pleasantly striking is that the Berliners have largely replaced the slogan "All Berlin hates the police" - which is both incorrect and, in an unpleasant cross-frontal way, includes a whole series of right-wing idiots - with "Tout le monde deteste la police" - which comes from the tradition of French universalism, and will therefore always remain a true statement, in the broadest and narrowest sense: Of course the whole world hates the police. All the secret services, all the dictators and all the warmongers - the whole world hates them too.

August 7, 9 a.m.

Wise Corner of Selchowers, maybe a thousand people, in dissolution. Against the SPD, The Greens and The Left, the syndicate had no chance. They had four blocks completely sealed off by helmeted police, so that the bailiff's visit to the pub could be completed on time.

What Berlin is celebrating today is a victory in the fight for infection control. A Berlin court yesterday tried to ban a demonstration against the eviction of the pub, which had been announced for today.

Some people had hoped that Berlin would return to its supposed tolerance in 2020. This includes, for example, the suspension of forced evictions - in view of empty AirBnB hostels and bankrupt shops, the deliberate production of homelessness is currently even more difficult to place than the proverbial Neuköllner on the Berlin job market. And supposedly, Berlin's tolerance even includes the fact that a few thousand unmasked Corora deniers are allowed to hold an antivirus parade without everyone shouting "Never again fascism!

The tolerance in Berlin ends with the question of property. The fact that a Berlin court has denied the ability of demonstrators in the Schiller district, of all people, who just want their pub back instead of the Third Reich, to provide adequate protection against infection, is a first-class legal scandal. Anyone who was at a left-wing demonstration in 2020 will hardly have overlooked the fact that people are coming together who are able to take social responsibility for one another and look after one another.

And what's more, it's a bad joke. Berlin police officers like to tell you underhand that the Berlin police no longer accept sick leaves due to lack of personnel - not officially, of course, but in practice - and that colleagues with Corona simply stay on duty. If such a thing is not just bragging, then it would be a clear case: If the SPD, the Greens and the Left Party really had a thing for infection control, they could have simply cancelled today's police mission, and no one else would have had the slightest reason to perhaps accidentally get too close. (And cancelling evictions is really not difficult: invoking force majeure in the form of a global pandemic, flanked by friendly bailouts for homeowners).

August 7th, 9am 23

Meanwhile, the Berlin authorities have taken another step up the anti-infection agenda: in the form of a relay of helmeted cops storming into the peaceful crowd. This is a good moment for many to go home, because we already know the rest. This dispute will continue in a decentralised manner and, to quote the former mayor who blew the airport: that is a good thing. After all, of course it is never without risk that large groups of people meet in the same place.

What are the Berlin cops? All bastards? Even the cops are probably nonbinary, not just Good Cop vs. Bad Cop, but a few other characters as well. The political police in Berlin, as far as they are official thugs, who like to flank demonstrators with fascist greetings, should be abolished just as completely as the police in Minneapolis. But of course there are also some who see themselves as the social workers, as the people they work for day in day out: with higher pay and lower reputation. Above all: "Cop" is not a state of nature. No one is born a cop. It's a role you grow into, it's a character that comes to you. During the demo suddenly thinking: Did I turn off the stove at home too? - that's a bad cop, for example.

Editorials and fascists will of course laugh up their sleeves at the degree of disorganization of the Berlin left. If they can't even defend a pub (or, even worse: if such pubs don't even want to defend themselves, because after such a long time in the Schillerkiez the air is out at some point) - well then good luck with the social housing. But this is a bit unfair, because in order to crush, disperse, isolate and drive these leftists crazy, the state has had to fight hard for 50 years: on both sides of the law, with all its state power, and not entirely without a loss of confidence. The people of the NSU, who had been on the road for years with the friendly support of certain state organs (one might think, if one looks a little closer at the trials), had it much easier. And such a thing is of course always somehow unfair to all those who are active in Germany against fascism.

The error of thought that the Berlin Left has made to date - but errors of thought can sometimes be completely and promptly eliminated by a single new idea - is not to think together what belongs together. The famous BLM solo demonstration on Alexanderplatz should have been a demonstration for the abolition of rent in Berlin. Only that would have been international solidarity: you take care of the police, we take care of the apartments. And in the same way today should have been a demonstration for Justice for George Floyd and against police violence. Because hardly anyone here seriously objects to Americans not being shot, and on such occasions in Berlin even the protection against infection can be handled more laxly.

August 7th, 12 o'clock

Minneapolis, Berlin, Beirut: it's all the same - just differently colored, and with significantly different intensity. The governments want social peace, but not social justice. Different people suffer from different problems - some couldn't go dancing for months, some don't have functioning banks, power plants or hospitals anymore. Playing these people off against each other because of the diversity of their problems, to the point that their privileges instead of trading space produce suffering: that is the big trick that needs to be fought. Against separation. Of course, one has to admit that the Berlin police officers leave it at the deliberate breaking of bones during arrests (at least that is well documented) - knowing that they can always insist on herd immunity from the Berlin justice system - and not simply murder people indiscriminately or purposefully. Dead demonstrators: when that happened, there was usually a lot of trouble. And it is precisely this unspoken agreement to continue living together despite sometimes serious differences that accounts for a not inconsiderable part of the much-cited attraction of Berlin. And of course the real estate mafia (one could almost think so, if you take a closer look) called Berlin SPD is by far not as corrupt as the government in Lebanon. The Berlin SPD probably even has its ammonium nitrate safely stored, and nobody has the intention that this will end like Sigmar Gabriel's meat factory.

But what is their intention? What do the SPD, The Greens and The Left want in Berlin? Because they want something, they didn't just "slide into" this eviction thing. A party is not a cow that just wants to get off the ice again quickly. In the face of a global pandemic, an unprecedented economic crisis and an escalating ecological catastrophe, these three want to send a clear message: forget your pubs, your youth centres, your bookstores, don't get so upset! If necessary, use the internet for a while. You want to send an unmistakable signal in a rather confusing social situation: Those who own things are protected from infection by those who use them. This is a clear message: for fascism. Because it does not come by Nazi demo, but with the erosion of all those spaces in which society forms anti-bodies against fascism. (This is the opposite of a biological metaphor, by the way. Antibodies also happens to mean something else. Fascism is not a disease).

And it is relatively irrelevant whether the Syndicate, Kisch & Co or the Potse have neglected their function as anti-body builders in the end or not. There is no future in simply preserving vested interests under increasingly difficult conditions - but everyone knows that. Just as it doesn't matter whether there are still people in the interior of Berlin's governing parties who spend themselves to the limit every day for the practical improvement of the city. For good reasons they can't do anything against the Berlin justice system. But if they don't even have any real influence on the administrative and police apparatus, then at some point, for example today, the question will arise as to what the point is in actually sitting on the lever in Berlin, instead of sitting in the pub, in front of the Späti, or at home watching TV, as most other Berliners do. Always just fighting for improvement within complicated power networks - that can sometimes lead to even more complicated interrelationships, and "in the end" sometimes also make things go backwards. In this context, backwards would be: deterioration. (edited to add: two days later, when the staatschutzabteilung of the berlin state prosecution office blows up, everything looks very different, all of a sudden)

August 7th, 4 pm

Walter Benjamin has the last word today: "The increasing proletarianization of today's people and the increasing formation of masses are two sides of one and the same event. Fascism is trying to organize the newly arisen proletarianized masses without touching the property relations they insist on eliminating. It sees its salvation in letting the masses come to their expression (by no means to their right). The masses have a right to change the property relations; fascism tries to give them an expression in their preservation.

Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)

--------------------------------------------------------------------------------
COPYSHOT #7 2020/07/28

!!DIE FUCKING MASKE GEHÖRT NICHT ANS REVERS!!


KOMMANDO 14. JULI



COPYSHOT #4 2020/04/28